I. Ausgangslage
Mietliegenschaften werden regelmässig mit Fremdkapital finanziert. Aus diesem Grund sind die zu bezahlenden Mietzinsen an den Hypothekarzins gekoppelt. Weil die Vermieter regelmässig einen Teil der vereinnahmten Mietzinsen für die Verzinsung ihrer Hypotheken aufwenden, sind sie bei einem Anstieg des Hypothekarzinses berechtigt, die Mietzinsen zu erhöhen.
Umgekehrt haben die Mieter bei sinkenden Hypothekarzinsen Anspruch auf eine Mietzinssenkung.
Das Bundesamt für Wohnungswesen hat den im Mietrecht relevanten hypothekarischen Referenzzinssatz letztmals per 3. März 2020 von 1.5% auf 1.25% gesenkt.
Das bedeutet, dass bei Mietzinsen, die sich auf einen höheren Referenzzinssatz als 1.25% stützen, grundsätzlich ein Senkungsanspruch für die Mieter besteht.
Anzumerken ist jedoch, dass die Vermieter rechtlich nicht verpflichtet sind, die Senkung von sich aus zu gewähren.
Vielmehr muss jeder einzelne Mieter selber aktiv werden und eine Herabsetzung beantragen.
Schliesslich besteht auch keine Garantie, dass der Mietzins für die Mieter tatsächlich auch sinken wird. Es können Gründe vorliegen, welche es dem Vermieter ermöglichen, den Senkungsanspruch des Mieters abzuwehren.
II. Verfahren
Der einzelne Mieter muss die Mietzinssenkung schriftlich – am besten per Einschreiben – bei seinem Vermieter beantragen.
In der Folge hat dieser, ab Erhalt des Schreibens 30 Tage Zeit, das Senkungsbegehren des Mieters zu prüfen und dieses zu beantworten.
Sollte der Vermieter die Senkung nicht innert Frist, oder dann nur teilweise, gewähren, ist der Mieter berechtigt, innert weiteren 30 Tagen nach Erhalt der Antwort, ein Herabsetzungsbegehren bei der zuständigen Schlichtungsbehörde zu stellen.
In Fällen, in denen der Vermieter das Herabsetzungsbegehren gar nicht beantwortet, bleiben dem Mieter insgesamt 60 Tage Zeit, um den Senkungsanspruch bei der zuständigen Schlichtungsbehörde zu beantragen.
III. Umfang der Senkung
Mietvertrag / letzte Erhöhung | Senkungsanspruch |
---|---|
3.75% | -23.08% |
3.50% | -21.26% |
3.25% | -19.35% |
3.00% | -17.36% |
2.75% | -15.25 % |
2.50% | -21.26% |
2.25% | -19.35% |
2.00% | -8.26% |
1.75% | -5.66% |
1.5% | -2.91% |
IV. Weitere Faktoren
Neben dem hypothekarischen Referenzzinssatz sind noch weitere Faktoren für die Berechnung des Mietzinses massgebend. Diese Faktoren macht der Vermieter üblicherweise zu seinen Gunsten geltend, um den Senkungsanspruch des Mieters abzuwehren. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um folgende Faktoren:
- Teuerungsausgleich auf dem risikotragenden Kapital
- Erhöhung der Betriebs- und Unterhaltskosten (allgemeine Kostensteigerung)
- Anpassung des Mietzinses an die orts- und quartierüblichen Mietzinsen
Wertvermehrende Investitionen durch den Vermieter
Fehlende Rendite des Vermieters
Der Vermieter kann das in der Liegenschaft investierte Eigenkapital (sog. risikotragendes Kapital) an die Teuerung anpassen. Dabei gewährt das Gesetz dem Vermieter die Möglichkeit, eine Teuerungsanpassung im Umfang von 40% der Erhöhung des Schweizerischen Landesindexes für Konsumentenpreise vorzunehmen. Die tatsächlichen Finanzierungsverhältnisse spielen dabei keine Rolle.
Beim Faktor der allgemeinen Kostensteigerung wird dem Vermieter in der Praxis zudem ermöglicht, eine pauschalisierte Kostenüberwälzung auf die Mieter vorzunehmen. Dies aus dem einfachen Grund, weil eine individuelle Kostenberechnung aufwendig ist. Der Umfang der möglichen Pauschale variiert von Kanton zu Kanton und ist unter anderem vom Alter der Liegenschaft und davon abhängig, wie viele Nebenkosten separat verrechnet werden.
In den meisten Kantonen stellen die Schlichtungsbehörden und die Gerichte auf Pauschalen zwischen 0.50% und 1.00% ab.
V. Orts- und Quartierüblichkeit
In gewissen Fällen kann der Mietzins an die Entwicklung der orts- und quartierüblichen Mietzinsen angepasst werden resp. kann der Vermieter diesen Anpassungsgrund dem Senkungsanspruch des Mieters entgegenhalten. Die Hürde für den Vermieter ist jedoch sehr hoch, da sich die Entwicklung der orts- und quartierüblichen Mietzinsen nur anhand von mehreren Vergleichsobjekten ermitteln lässt.
Aufgrund der strengen Rechtsprechung der Gerichte ist dieser Vergleich in der Praxis für den Vermieter nahezu unmöglich zu erbringen.
VI. Wertvermehrende Investitionen
Hat der Vermieter seit Beginn des Mietverhältnisses resp. seit der letzten Vertragsänderung wertvermehrende Investitionen getätigt, darf er diese dem Senkungsanspruch des Mieters entgegenhalten.
Zu beachten ist jedoch, dass gewöhnliche Unterhaltsarbeiten, die lediglich dazu dienen, die Mietsache in ihrem bisherigen Zustand zu erhalten, keine Mietzinserhöhung rechtfertigen.
Die Beweislast für den Bestand und den Umfang einer allfälligen Wertvermehrung trägt der Vermieter, welcher den Beweis in der Regel nur durch Vorlage einer detaillierten Baukostenabrechnung erbringen können wird.
VII. Fehlende Rendite
Die Rendite stellt das Verhältnis zwischen den Investitionen des Vermieters und seinen daraus erzielten Erträgen dar, wobei in mietrechtlicher Hinsicht die Brutto- sowie auch die Nettorendite zu berücksichtigen sind. Eine Renditeberechnung kann im Einzelfall aufwendig sein und muss stets durch die Partei vorgenommen werden, die sich auf diesen Anpassungsgrund stützt. Gewöhnlich ist das der Vermieter.
In der Praxis ist der Einwand der fehlenden Rendite durch den Vermieter oft anzutreffen. In Folge des in der Vergangenheit kontinuierlich gesunkenen hypothekarischen Referenzzinssatzes hat dieser Einwand zunehmend an Bedeutung gewonnen. Den Mietern ist deshalb zu empfehlen, die Renditeberechnung – sofern eine solche vorliegt – durch eine Fachperson überprüfen zu lassen.
VIII. Vorbehalte
Dem Vermieter ist es nicht erlaubt, Anpassungsgründe geltend zu machen, die sich vor Beginn des Mietverhältnisses resp. vor der letzten Vertragsänderung verwirklicht haben, sofern diesbezüglich kein Vorbehalt angebracht wurde. Aus diesem Grund sind in Mietverträgen regelmässig solche Vorbehalte anzutreffen.
Hier ist jedoch zu beachten, dass für die Gültigkeit eines Vorbehaltes verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Der Vorbehalt muss für den Mieter klar erkennbar sein, vom Vermieter somit klar zum Ausdruck gebracht werden. Weiter muss der Vorbehalt zwingend begründet werden. Der Vermieter muss namentlich die vorbehaltenen Anpassungsgründe erwähnen. Schliesslich muss der Vorbehalt ziffernmässig bestimmt sein, wobei es dem Vermieter offen steht, diesen in Prozenten oder Franken zu beziffern.
Abschliessend ist zu berücksichtigen, dass der Vorbehalt erst dann angefochten werden kann, wenn der Vermieter diesen auflösen möchte. Zu einem früheren Zeitpunkt ist eine Anfechtung hingegen nicht möglich. Die Beweislast für die vorbehaltenen Anpassungsgründe trägt wiederum der Vermieter.